Anmerkung

Viele Geschichten – eine Botschaft

Ganz einfach gesagt: Die Musik erzählt immer eine Geschichte. Das gilt um so mehr für Musik mit Text, und unser heutiges Konzertprogramm beinhaltet viele Stücke, die ganz besondere Geschichten erzählen. Einige Werke berichten sehr kurze, klare und einfache Geschichten, so zum Beispiel unsere Prozessionshymne "Gaudete !": Christus ist von der Jungfrau Maria geboren. Freuet Euch! Viel einfacher geht es nicht. Oder unser Stück vom berühmten mittelalterlichen deutschen Komponisten Michael Praetorius, "Psallite unigenite": Singet Psalmen an Gottes eingeborenen Sohn, das Kindlein liegt in der Krippe; alle Engel dienen ihm. Es fügt eine interessante Anregung über die Engel hinzu.

A propos Engel: Wir haben das beliebte französische Weihnachtslied aus dem 16. Jahrhundert im Programm: "Ding dong merrily on high" – die Glocken läuten im Himmel. Es ist eine Freude dieses Werk zu singen: Die Klangmalerei der Wörter "ding dong" bewirkt, dass man die Glocken im Himmel läuten hört und das Gefühl stellt sich ein, dass der hoch verschönerte Vers (fioratura) des "Gloria" sehr dramatisch sein könnte!

Viele der heute abend präsentierten Werke stellen die Weihnachtsgeschichte aus einer ungewöhnlichen Perspektive dar. Die Motette von de Victoria "O Magnum Mysterium" sinniert über das große Mysterium, dass ausgerechnet Tiere es sein sollten, die die Geburt des Christuskindes miterleben dürfen. "A Carol of Adoration", wie der Name schon andeutet, ist ein Lied der Liebes-Sehnsucht, eine warme, leidenschaftliche und gefühlvolle Fibel zur ganzheitlichen Liebe zu Christus.

In "I Heard the Bells on Christmas Day" reißt der Klang der Glocken, interessanterweise in der Bassstimme, den Poeten aus seiner Depression heraus, als er darüber nachdenkt, wie das Böse die Welt gefesselt hat und erweckt in ihm eine tiefe Ekstase. Er besinnt sich auf die Weihnachtsgeschichte und schlussfolgert, dass die Ungerechten scheitern und die Gerechten siegen werden: Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.

"A Hymn to the Virgin" entstammt einem anonymen Gedicht aus dem 13. Jahrhundert, das in der berühmten Quiller-Couch-Ausgabe des Oxford Book of English Verse, wo Benjamin Britten es wohl gefunden hat, gesammelt wurde. Er hat dieses Gedicht vertont, als er erst 17 Jahre alt war. Es ist ein erstaunlich anspruchsvolles Werk und gar nicht jugendlich in seiner Qualität. Die Hymne beschreibt die Jungfrau Maria auf vielfache Weise, nicht zuletzt als Gegenmittel für die Sünde der Eva.

Unser gesprochenes Gedicht heute abend ist ein Auszug aus dem Gedicht "Christmas" vom englischen Dichter John Betjeman. Betjeman war früherer Poeta laureatus und sein hundertster Jahrestag wurde im August diesen Jahres gefeiert. Dieses 1954 verfasste Gedicht ist eine Art "O Magnum Mysterium" für das 20. Jahrhundert, mit seiner Botschaft, dass die Artefakten des modernen Weihnachten nicht zu vergleichen sind mit dieser einzigen Wahrheit. . . dass Gott in Palestina Mensch wurde/Und heute in Brot und Wein noch lebt.

Sidney Carter, der Komponist von "Lord of the Dance", schrieb: "Ich sehe Christus als Inkarnation des Pfeifers, der uns ruft. Er tanzt jene Form und jenes Muster, die am Herzen unserer Realität liegen. Mit Christus meine ich nicht nur Jesus; denn es könnte andere Herren des Tanzes in anderen Orten und Zeiten, auf anderen Planeten geben. Aber Jesus ist der einzige, den ich als Ersten und am besten kenne. Ich singe vom tanzenden Muster im Leben und in den Worten Jesu. Die (Shaker) Sekte ... ist 1774 nach Amerika ausgewandert... Für sie war Tanzen eine spirituelle Tätigkeit. Ihre Hymnen waren merkwürdig, aber manchmal von unglaublicher Schönheit: Ich habe diese Melodie von einem dieser Lieder (Simple Gifts) adaptiert. Ich hätte ein anderes Lied für die Wörter des 'Lord of the Dance' schreiben können (das haben auch manche gemacht), aber dieses hat so gut gepasst, dass es mir eine Zeitverschwendung erschien, das zu tun. Ferner wollte ich die Shakers grüßen".

"Personent hodie" wird oft mit dem Feiertag der Unschuldigen Kinder am 28. Dezember in Verbindung gebracht. Dieser Feiertag gedenkt der kleine Jungen, die vom König Herodes in seinem vergeblichen Versuch, das Christkind zu töten, ermordet wurden. In mittelalterlichen Zeiten wurde das Stück häufig als Prozessionshymne für Kinder oder für Auszubildende verwendet. Der große englische Komponist Gustav Holst hat eine Orgel- oder Klavierbegleitung für das Lied geschrieben.

Im Lied "L’Adieu des Bergers à la Sainte Famille" sind es die Hirten, die die Geschichte aus dem Oratorium von Berlioz L’Enfance du Christ erzählen. Ihre Geschichte beginnt, als sich das Christkind und seine Eltern auf den Weg von Bethlehem nach Ägypten machen. Die Hirten wünschen ihnen alles Gute und wollen ihnen die Gewissheit geben, dass sie immer zurückkommen und die Gastfreundschaft der einfachen Leute genießen können.

Jeanne Conard und Michael Jones