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Die Bedeutung von Spaß in der klassischen Musik
Der ESOC Chor hat mit der Zeit den Ruf bekommen, ob berechtigt oder
nicht, ernste Musik zu singen. Es stimmt, wir singen die allerbeste
klassische Chormusik an Weihnachten und in der vorösterlichen Zeit, und
wir nehmen sie auch sehr ernst. Wir glauben aber auch, dass jeder von
Zeit zu Zeit ernsthaft Spaß haben soll.
Genau das ist es, was wir für unser Publikum in unserem Konzert
"Sommerwonne" heute Abend vorbereitet haben. Das Wort
"Wonne" bedeutet auch Freude, und es ist uns eine große
Freude, in diesem Konzert einige der unterhaltendsten, lustigsten,
spaßigsten und, ja, albernsten Stücke vorzutragen, die es für Chöre
gibt.
Zuhörer von klassischer Musik sind es gewohnt, ruhig nach vorne zu
schauen und zuzuhören ohne sich allzuviel dabei zu bewegen (wofür wir,
die auftreten, ausgesprochen dankbar sind), und wir empfinden oft viel
Freude bei einem Stück, das besonders schön vorgetragen wird. Wie oft
lächeln Publikum und Chor zugleich während eines schönen Musikstücks,
ganz einfach, weil wir nicht anders können? Meinen Sie nicht, dass wir
das viel öfter erleben müssten? Wir denken es auch.
Wir wollen Spaß haben (nicht nur Freude empfinden – Freude
empfinden wir immer) wenn wir diese Stücke singen – und sie
besonders schön singen, die wenn auch "leicht", keinesfalls
trivial sind. Wir laden Sie ein, sich mit uns zu freuen. Entspannen Sie
sich und teilen Sie unsere Freude mit uns. Und lächeln Sie! Wir werden
Sie beobachten!
In den Handschriften des späten 15. Jahrhunderts haben Forscher
keinen Text gefunden für "Dit
le Bourguinion", eine Tatsache die
darauf hindeutet, dass es entweder ein rein instrumentales Lied ist oder
ein Lied, das ganz einfach von seinem Text im Laufe der Jahrhunderte
getrennt wurde. Wir haben es deshalb mit einer Art Text versehen, das die
instrumentale Natur der Stimmen hervorhebt und das Lied trotzdem singbar
macht, ohne zu vergessen, dass es trotzdem ein "Nonsenslied"
ist. Der französische Titel übrigens, "Dit le Bourguinion"
ist ebenfalls nonsens.
Ein anderer roter Faden des Konzertes heute Abend ist die Tatsache,
dass viele der Titel einen merkwürdigen oder ungewöhnlichen Ursprung
haben. Zwei der englischen Lieder sind moderne Vertonungen von Texten aus
dem frühen 16. Jahrhundert. "Full
fathom five" ist Ariels Lied aus
Shakespeares Der Sturm. Ariel ist ein Zauberwesen, das ein
Schiffsunglück verursacht hat. Der Komponist, Charles Wood, ist
offensichtlich fasziniert vom Klang der Todesglocke auf dem Meeresgrund.
("Sea nymphs hourly ring his knell": "Seenymphen lassen
für ihn stündlich die Totenglocken läuten") "Come
live with me and be my love" ist
ein jazziges Arrangement von John Rutter und es macht einfach viel Spaß,
es zu singen.
"I bought me a
cat" kommt aus einem Satz alter
amerikanische Lieder "Old American Songs" von Aaron Copland,
der das Volkslied zum ersten Mal von einem Freund hörte, der es als Kind
in Oklahoma lernte. Es ist komplizierter zu singen als man sich zunächst
vorstellt, zum Teil deshalb, weil es schwierig ist, die Chormitglieder
davon zu überzeugen, sich zu bemühen, tatsachlich so zu klingen wie die
Tiere, über die sie singen!
Der ESOC Chor singt gerne in verschiedenen Sprachen und singt heute
Abend zum ersten Mal ein tschechisches Lied, ”Až
já pojedu”,
besonders interessant durch seine Rhythmik. Wir bedanken uns bei unserem
Chormitglied aus der Slowakei für die Unterstützung mit dem Text.
"Die
Beredsamkeit" ist natürlich nur
deshalb ins Programm aufgenommen worden, um das Publikum zu inspirieren,
in der Pause die Bar zu besuchen..
Was könnte mehr Spaß machen als eine Szene aus einer Operette von
Gilbert und Sullivan? Heute Abend haben wir ein Teil aus Szene Nr. 18 von
H.M.S. Pinafore, "Hold!"
genommen. Die Handlung ist eine lustige Satire auf die englische
Klassengesellschaft, und das Thema ist die Liebe zwischen Mitgliedern
unterschiedlicher Gesellschaftsschichten. Kapitän zur See Corcoran von
der Pinafore hat die Hochzeit seiner Tochter mit dem First Lord der
Admiralität, Sir Joseph Porter, arrangiert, aber sie hat sich in einen
einfachen Matrosen, Ralph, verliebt. (Sir Joseph selbst kommt aus
einfacher Familie und hat sein Amt durch politisches Geschick erlangt,
obwohl er nie zur See fuhr!) Kapitän Corcoran ist so überrascht, dies
alles zu erfahren, dass er einen schrecklichen Fehler begeht. Er flucht.
(Er sagt "verdammt", ein Wort, das nicht einmal im Jahre 1878,
dem Jahr der Premiere der Operette, so furchtbar schlimm war.) Alle an
Bord des Schiffes sind dadurch so entsetzt, dass der Kapitän in große
Verlegenheit gebracht wird und der niedrig geborene Ralph in einem
berühmten Lied hoch gelobt wird, denn immerhin, "er ist ein
Engländer!"
Das Finale unseres heutigen Konzertes, "Forèt
paisible", wurde gewählt, einfach weil es
viel Spaß macht. In der ursprünglichen Oper, Les
Indes Galantes, ist das Hauptthema der Konflikt
zwischen Krieg und Liebe. Die Liebe gewinnt natürlich. Die letzten der
"Wilden"
(Sauvages), die diese Tatsache unter Beweis stellen, sind die
amerikanischen Indianer, die in ihrem "friedlichen Wald"
herumtanzen, und damit zum Ausdruck bringen, in den Worten von Ira
Gershwin, der nichts im geringsten mit diesem Konzert zu tun hat:
"Who could ask for anything more!" (Wer könnte sich je mehr
wünschen!)
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