Das Weihnachtskonzert 2005
Mit Freude und Bedacht bereitet Euch vor; um
erneut die Nachricht der Engel zu vernehmen: Gehet reinen Herzens und Geistes gen Bethlehem und seht, was sich begab zu
dieser Zeit und mit den Heiligen Drei Königen betet das Kind an in den Armen seiner Mutter.
Das heutige Konzert ist betitelt: "Englische Advents- und
Weihnachtsmusik aus 6 Jahrhunderten". Auf den ersten Blick erscheint
dies als eine Fokussierung auf ganz spezielle nationale Traditionen. In
Wirklichkeit hat sich aber nicht viel verändert. Das ESOC Chorus
Weihnachtskonzert basierte schon immer auf englischer, genauer gesagt auf
anglo-sächsischer, Tradition, mit europäischem Unterton. Und außerdem
zeugt diese Tradition von einer solchen Weitläufigkeit, dass sie weit
davon entfernt ist, nur auf englische Quellen beschränkt zu sein. Die
Choräle wurden aus vielen Ländern, Traditionen und Epochen geboren. Das
"New Oxford Book of Carols" ist die fuerende moderne
Sammlung von Chorälen und enthält netterweise einen Index mit den
nationalen Quellen der Stücke und zeigt somit deren bemerkenswerte
Vielfalt an. Wie wohl kaum ein anderes Land auf dieser Welt, ist es
England gelungen, die Choraltradition zu wahren und auszubauen. Und dies
beginnend in viktorianischer Zeit, als die Choräle gerade wieder
auflebten, über das 20. Jahrhundert hinweg bis hin zum 21. Jahrhundert.
Einen sehr starken Einfluss auf diese Tradition hatte die
Einrichtung des berühmten "Festival of Nine Lessons and
Carols", das zum ersten mal am Weihnachtsabend des Jahres 1918 in
der Kapelle des King’s College Cambridge stattfand. Dieser Gottesdienst
wurde erstmals im Jahre 1928 im Radio übertragen. Er wurde (mit Ausnahme
von 1930) jedes Jahr übertragen, sogar während des 2. Weltkrieges. Er
entwickelte sich somit zum goldenen Standard, an dem sich alle
"carol services" und "carol concerts" heute messen
müssen. Die Auswahl der Choräle speist sich aus der großen englischen
Überlieferung und die Gewohnheit, jedes Jahr einen neuen Choral
hinzuzufügen, bereichert und erweitert diese Tradition zusätzlich. Die
Lesungen, die einen großen Teil der "Lessons and Carols"
ausmachen, haben auch teilweise Einzug in die Konzerthallen gehalten.
Lesungen von Weihnachtstexten und Gedichten sind oft in Choralkonzerten
zu finden.
Unser treues Publikum wird diese Bestandteile auch im ESOC Chorus
Weihnachtskonzert wiedererkennen, ebenso wie die Möglichkeit des
gemeinsamen Singens bei Kerzenlicht. Hier werden wir für unsere
zahlreichen deutschen Freunde auch wieder deutsche Choräle singen.
In unserem Konzert nehmen wir die Vielfalt und Weitläufigkeit der
Choraltradition auf und singen unter anderen auch zeitgenössische
Stücke. Eines ist der ausgesprochen feine Satz von Braxton Blake (*
1945, Galveston, Texas) mit dem mystischen Gedicht "The Burning
Babe" (das brennende Baby) des englischen Jesuiten, Märtyrers und
Poeten Robert Southwell (1561-1595). Ein weiteres zeitgenössisches
Stück stammt von dem US Komponisten Rosephanye Powell (*1962), mit dem
lebhaften Choral "Who is the baby", das im Stil eines
Spirituals geschrieben ist.
Das Jahr 2005 ist das 500. Geburtsjahr des berühmten Komponisten
Thomas Tallis (1505-1585). Wir würdigen dieses Jubiläum nicht mit einem
ausgesprochenen Weihnachtslied, sondern mit einem Stück seiner
"Englischen Hymnen" mit dem Titel "O Lord in Thee is all
my Trust" (Oh Herr, Dir gilt all mein Vertrauen).
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